Noch ei­ne Moun­tain-​Bike-​Web­site?

Mountain-​Bi­king ist Vie­les: Lei­stungs­sport, Kampf ge­gen sich selbst, ent­spann­tes Fah­ren in der Grup­pe, Na­tur­ge­nuß, Ge­schick­lich­keits-​ und Ko­or­di­na­ti­ons­trai­ning, ge­lenk­scho­nen­der Kreis­lauf­sport für al­le Al­ters­grup­pen. Im­mer je­doch ist es auch Le­bens­ein­stel­lung, Rück­kehr zu sich selbst, weg von der so­ge­nann­ten Zi­vi­li­sa­ti­on, hin zum Ur­sprüng­li­chen.

Die­se Web­site soll ein­fach Lust ma­chen auf die­se Art der Be­tä­ti­gung. Die Zahl der be­bil­der­ten Tou­ren­be­schrei­bun­gen soll im Lauf der Zeit stei­gen, wo­bei Qua­li­tät Prio­ri­tät vor Quan­ti­tät be­sitzt. Die Tou­ren lie­gen in un­ter­schied­li­chen Ge­gen­den, zum Bei­spiel im Na­tur­park Augs­burg West­li­che Wäl­der, um Füs­sen und in Süd­ti­rol.

Fer­ner sol­len Tests und Grund­la­gen-​Ar­ti­kel zu Kar­ten-​ und GPS-​Soft­ware ver­öf­fent­licht so­wie GPS-​Uti­li­ties zum ko­sten­lo­sen Down­load be­reit­ge­stellt wer­den.


1973: Be­ginn ei­ner Ära

1973 - der Be­ginn ei­ner neu­en Epo­che. Die Ge­schich­te wirft ei­ni­ge selt­sa­me Zu­ta­ten in ei­nen gro­ßen Topf, da­run­ter un­ter an­de­rem: Ei­ne Hand­voll Hip­pies; ei­nen völ­lig un­be­kann­ten Berg na­mens Mount Ta­mal­pais in der Nä­he von Marin Coun­ty, Ka­li­for­ni­en; ei­ne gro­ße An­zahl an al­ten Fahr­rä­dern aus Vor­kriegs­zei­ten.

Aus die­sen Zu­ta­ten ist mitt­ler­wei­le ei­ne Sport­art ent­stan­den, die die olym­pi­schen Wei­hen er­hal­ten hat und die für ih­re An­hän­ger weit mehr ist als nur ei­ne Sport­art, näm­lich ei­ne Phi­lo­so­phie. Die Hip­pies sind seit lan­gem Mul­ti­mil­lio­nä­re, aber nach wie vor äu­ßerst sym­pa­thisch; aus Ga­ra­gen­fir­men sind Welt­kon­zer­ne ge­wor­den. Aber der Rei­he nach:

Die Hip­pies mit Na­men wie Joe Bree­ze, Gary Fi­sher, Charles Kel­ly und Tom Rit­chey, be­reits vom Rad­sport in­fi­ziert, wer­den ei­nes Ta­ges vom Wunsch be­seelt, mit Fahr­rä­dern die al­ten Lösch­we­ge des Mount Ta­mal­pais hi­nun­ter­zu­ra­sen. Lei­der sind ih­re Renn­rä­der völ­lig un­ge­eig­net für die­ses Vor­ha­ben, doch glück­li­cher­wei­se gibt es in je­ner Ge­gend noch mas­sen­haft Fahr­rä­der aus Vor­kriegs­zei­ten, und glück­li­cher­wei­se sind die mei­sten da­von der­art ma­ro­de, daß die Hip­pies sie für klei­nes Geld kau­fen kön­nen.

Die­se Fahr­rä­der, oft vom Typ Schwinn Crui­ser, sind ei­gent­lich eben­so un­ge­eig­net für das Vor­ha­ben: Ge­wicht zwi­schen 20 kg und 30 kg, kei­ne Schal­tung, Rück­tritt­brem­se, zum Berg­auf­fah­ren im Ge­län­de un­brauch­bar. Gro­ße Vor­tei­le je­doch sind ih­re di­cken Bal­lon­rei­fen, die das schnel­le Fah­ren im Ge­län­de und auf Schot­ter erst er­mög­li­chen, und ihr ge­rin­ger Preis.

Kur­ze Zeit spä­ter kommt, was kom­men muß: Es wer­den Wett­be­wer­be ver­an­stal­tet, bei de­nen es da­rum geht, mög­lichst schnell vom Gip­fel des Mount Ta­mal­pais nach un­ten zu ge­lan­gen. Die vor­he­ri­ge Ver­brin­gung der Fahr­rä­der zum Start­punkt dürf­te für die Fah­rer nicht ein­fach ge­we­sen sein, er­folg­te sie doch meist durch Schie­ben.

Die Fahr­rä­der sind die­ser Be­la­stung na­tür­lich in kei­ner Wei­se ge­wach­sen und oft nach ei­ner ein­zi­gen Ab­fahrt schrott­reif. Ei­ne Tu­be Fett ge­hört zur Stan­dard­aus­rü­stung der Fah­rer, weil die qual­men­den Rück­tritt­brem­sen nach, manch­mal auch schon wäh­rend der Ab­fahrt ge­schmiert wer­den müs­sen, na­tür­lich mög­lichst oh­ne Be­rüh­rung der sie­dend hei­ßen Tei­le. Der Vor­gang des Nach­schmie­rens heißt im Eng­li­schen "Re­pack", und so er­hal­ten die­se le­gen­dä­ren Ver­an­stal­tun­gen un­ter dem Na­men "Re­pack-​Ren­nen" ih­ren Platz in der Ge­schich­te.

Der Wunsch der Fah­rer, sich ge­gen­sei­tig zu über­flü­geln, führt zu­nächst zur Auf­rü­stung der Vor­kriegs­rä­der mit sta­bi­le­ren, noch schwe­re­ren Kom­po­nen­ten und zu­sätz­li­chem Ma­te­ri­al. Bald wird die­ser Weg als Sack­gas­se er­kannt, und da die Fah­rer fast al­le be­gab­te Tüft­ler sind, wird Neu­es ver­sucht: Ei­gens kon­zi­pier­te Rah­men aus neu­en Ma­te­ria­li­en, an­de­re Ar­ten von Brem­sen, so­gar Schal­tun­gen. Die er­sten ech­ten Mountain-​Bikes sind er­schaf­fen.

Der Rest ist be­kannt: Die Kun­de von den neu­en, selt­sa­men Ge­fähr­ten geht durch die Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Den Er­bau­ern, die bald schon Ei­gen­tü­mer von Groß­fir­men sein wer­den, wer­den ih­re neu­en Fahr­rä­der aus den Hän­den ge­ris­sen, und die tech­ni­sche Ent­wick­lung auf dem Ge­biet der Rah­men und der Kom­po­nen­ten be­ginnt mit be­ein­dru­cken­der Dy­na­mik.


1986: Die Wel­le kommt an

Et­was spä­ter als in Marin Coun­ty, so um 1980 he­rum, ma­chen im süd­li­chen Teil des Land­krei­ses Augs­burg ei­ni­ge noch nicht ganz halb­star­ke Jungs mit eben­so schwe­ren Rä­dern, die aber im­mer­hin ei­ne Drei­gang­schal­tung be­sit­zen, Wald­we­ge, Wild­wech­sel und Trails un­si­cher.

Daß die­se Rä­der eben­falls völ­lig un­ge­eig­net sind für die­se Art der Be­la­stung, kann der nächst­ge­le­ge­ne Land­ma­schi­nen­schlos­ser be­zeu­gen, ein gü­ti­ger und prag­ma­ti­scher Mann, der un­zäh­li­ge Ma­le ge­bro­che­ne Len­ker, Rah­men und Tret­kur­beln schweißt und bei der Be­rech­nung des Prei­ses meist bei­de Au­gen zu­drückt. Viel­leicht ist er da­von be­ein­druckt, daß die Jungs die Fahrt zu ihm trotz Ei­ses­käl­te auf sich neh­men, auch wenn über 6 km frei­hän­dig fah­rend zu­rück­ge­legt wer­den müs­sen, weil bei­de Hälf­ten des Len­kers ge­bro­chen und des­halb samt Brems­he­beln in der Luft zu hal­ten sind.

Ir­gend­wann, dem sub­jek­ti­ven Emp­fin­den nach im Jahr 1986, ge­lingt dem Mountain-​Bike auch in Deutsch­land der Durch­bruch, und die mei­sten der Jungs kön­nen mit­hil­fe von Spon­so­ren aus der Ver­wandt­schaft die Drei­gang­rä­der aus Was­ser­rohr­stahl durch neu­es Ge­rät er­set­zen, so auch der Ver­fas­ser die­ses Tex­tes, der seit­dem be­gei­ster­ter MTB-​Fah­rer ist.

Die Jungs sind mitt­ler­wei­le al­le­samt mehr als dop­pelt so alt wie da­mals und se­hen sich lei­der nur noch sel­ten. Aber ei­nes ist klar: Sie wer­den sich nie­mals fremd wer­den, trotz un­ter­schied­lich­ster Le­bens­we­ge. Die ge­mein­sa­men Er­leb­nis­se auf dem Mountain-​Bike ha­ben zu­sam­men­ge­schweißt, die Näch­te in den Werk­stät­ten be­freun­de­ter Fahr­rad-​Händ­ler eben­so wie die Freu­de über ge­ni­ale Trails und die Lei­den som­mer­li­cher Hit­ze­schlach­ten an un­end­lich lan­gen An­stie­gen.



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